Vorstand des Waldorf-Schulvereins e.V.
Allgemeiner Überblick
Nach Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz müssen LehrerInnen an allgemeinbildenden Privatschulen bzw. freien Schulen eine wissenschaftliche Ausbildung haben, die nicht hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht. Dies bedeutet, dass eine Gleichwertigkeit der Ausbildung gefordert wird, keine Gleichartigkeit. Das Niveau muss also der staatlichen Ausbildung gleichkommen was Zugangsvoraussetzungen, Dauer der Ausbildung, Umfang der zeitlichen Beanspruchung während der Ausbildung und Prüfungsanforderungen betrifft.
Das bedeutet, dass ein Fachlehrer grundsätzlich das von ihm zu unterrichtende Fach an einer Universität studiert haben sollte, wobei ein Diplomabschluss, Magister oder Master als gleichwertig zum 1. Staatsexamen für die Sekundarstufe 2 angesehen werden. Doch auch ein „fachnahes“ Studiums, in dem unterrichtsrelevante Inhalte Gegenstand der Ausbildung sind, kann genehmigungsfähig sein – ggfs. müssen danach noch fortbildend Fachkurse belegt werden.
Auch eine Promotion in einem unterrichtsrelevanten Fach oder Berufserfahrung können eine passende Voraussetzung darstellen, denn das Grundgesetz fragt nicht nach Formalqualifikationen sondern nach gleicher Eignung. Daher ist in vielen Bundesländern geregelt, dass auch sog. „freie Leistungen“ bei der Frage der Gleichwertigkeit der Ausbildung berücksichtigt werden können bzw. sogar müssen. Nicht immer kommt es daher auf den spezifischen Abschluss oder den Nachweis bestimmter Prüfungen an.
Für waldorfspezifische praktische und künstlerische Fächer gibt es zudem auch untypische Ausbildungswege, bei denen eine Gleichwertigkeit der Ausbildung ohne Universitätsabschluss möglich ist. Z.B. bei Werken, Handarbeit, Gartenbau oder Eurythmie muss eine entsprechende Fachausbildung vorliegen (wobei es nach dem Grundgesetz den freien Schulen freisteht, welche Qualifikationen sie verlangen, denn hierzu gibt es an öffentlichen Schulen kein entsprechendes Fach, so dass eine „Gleichwertigkeitsprüfung“ nicht erfolgen und es zu keiner „Nichtgleichheit“ kommen kann).
Die waldorfpädagogische Zusatzausbildung, die aus Qualitätsgründen von allen WaldorflehrerInnen verlangt wird, kann von den Schulen selbst oder von Ausbildungseinrichtungen für die Schulen vorgenommen werden, ein staatliches Referendariat ist rechtlich nicht notwendig.
KlassenlehrerInnen an Waldorfschulen
KlassenlehrerInnen an Waldorfschulen unterrichten die ersten zwei Schulstunden des Tages in mehrwöchigen Epochen nacheinander alle Hauptfächer wie Mathematik, Deutsch, Geschichte, Biologie, Physik, Chemie etc. und führen auf diese Weise „ihre“ SchülerInnen von der 1. bis zur 8. Klasse. Ausgenommen sind Fremdsprachen, Sport, Musik, Eurythmie sowie handwerkliche und weitere künstlerische Fächer, die von FachlehrerInnen unterrichtet werden. Ab der neunten Klasse unterrichten dann OberstufenlehrerInnen die genannten Hauptfächer, die ihre fachliche Qualifikation in der Regel durch ein Hochschulstudium erworben haben.
Die Klassenlehrerausbildung bedarf aufgrund der komplexen Anforderungen anderer Inhalte, als reine Fachstudien normalerweise bieten. Daher wird die Waldorfklassenlehrerausbildung an speziell darauf ausgerichteten Ausbildungsstätten (Freie Hochschulen und Waldorflehrerseminare) bundesweit angeboten. Für Interessenten mit abgeschlossenem Studium (oder einer anderen ausreichenden Vorqualifikation) wird eine Zusatzausbildung von 1-2 Jahren angeboten, die teilweise auch berufsbegleitend zu einem Masterabschluss führt. Hier tun sich manche Schulbehörden mangels unmittelbarer Vergleichbarkeit mit dem Gleichwertigkeitskriterium schwer, wobei das Bundesverwaltungsgericht die waldorfinternen Ausbildungen bereits mehrfach als „gleichwertig“ zur staatlichen Lehrerausbildung anerkannt hat.
Regelungen für QuereinsteigerInnen
Je nach Bundesland besteht teilweise eine Genehmigungspflicht seitens des Staates, weil davon ausgegangen wird, dass nur so die Qualität von LehrerInnen für Waldorfschulen beurteilt werden kann. Im anderen Fall werden die Waldorfschulen selbst in die Lage versetzt, die Eignung ihrer Lehrkräfte zu beurteilen und müssen nur eine Mitteilung über die Einstellungen machen, wobei nur dann eingeschritten wird, wenn eine Schule die in sie gesetzte Beurteilungskompetenz – was sich z.B. in der Qualität der Abschlüsse zeigen kann – nicht rechtfertigt. Statistisch lässt sich nicht belegen, dass weniger staatliche Kontrolle sich negativ auf die Qualität des Unterrichts an Waldorfschulen auswirkt, weshalb der Bund der Freien Waldorfschulen dafür eintritt, den genehmigten Schulen generell das Recht zuzuerkennen, die Fähigkeiten der BewerberInnen für eine Lehrtätigkeit an Waldorfschulen selbst zu beurteilen.
Die Unterschiede bestehen bei der Frage, wie das Gleichwertigkeitskriterium auszulegen ist, wenn die Ausbildung nicht oder nur teilweise universitär erfolgt ist oder ob ein Studium hinreichend „fachnah“ ist. Dies ist jedoch meist nicht eine Frage des Bundeslandes, sondern der einzelnen Behörde, wobei die Ergebnisse wiederum stark mit der Erfahrung, Kompetenz und persönlichen Einstellung der damit befassten Beamten zusammenhängen. Da den Behörden kein Ermessensspielraum zusteht, kann das letztlich nur von Gerichten voll überprüft werden, doch ist das nur sehr selten notwendig, da die Zusammenarbeit mit den Behörden fast überall sehr konstruktiv und geprägt von gegenseitigem Vertrauen verläuft.
Zuständig für Genehmigungsfragen im BdFWS ist Alexander Schupp